Stellungnahme der KARAWANE
für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
zum zweiten Todestag von Amed Ahmad
Wir gedenken Amed Ahmad gestorben am 29. September 2018 unter bisher ungeklärten Umständen
Homepage der Initiative Amed Ahmad
Amed Ahmad floh vor dem Krieg in Syrien und lebte in Geldern. Am 6. Juli 2018 wurde er grundlos verhaftet. 73 Tage wurde er seiner Freiheit beraubt, bis er am 17. September 2018 in der JVA Kleve unter bisher ungeklärten Umständen in seiner Zelle verbrannte. 12 Tage verbrachte er im Krankenhaus. Seine in Bonn lebender Vater wurde in dieser Zeit nicht benachrichtigt. Er erfuhr erst durch die Medien vom Tod seines Sohnes. Seine Mutter und Geschwister waren auf der Flucht vor dem Krieg in Syrien. Amed sehnte sich nach ihnen und fieberte dem Wiedersehen entgegen.
Wiederholt werden Ausreden, Lügen, Vertuschungen und Pannen konstruiert, um den Tod von Amed Ahmad als „Panne“ darzustellen. Am morgigen Dienstag, den 9. März 2021 findet der 28. parlamentarische Untersuchungsausschuss zu dem Thema im Landtag NRW statt. Aus diesem Anlass rufen die Eltern, Freundinnen und Freunde von Amed Ahmad zu einer Pressekonferenz.
Pressekonferenz der Familie Ahmad am 9. März 2021
ab 13:30 Uhr vor dem Landtag NRW in Düsseldorf
Am 6. Juli 2018 wird Amed Ahmad von der Polizei in Geldern festgenommen. Am selben Abend wird er in die Justizvollzugsanstalt nach Geldern-Pont verlegt. Am 10. Juli 2018 wird er dann in das Gefängnis in Kleve verlegt. Am 17. September 2018 brennt seine Zelle. Per Krankenwagen wird Amed Ahmad in das Sankt-Antonius Krankenhaus in Kleve transportiert. Dort wird er nicht stationiert, sondern mit einem Hubschrauber in das Klinikum Duisburg gebracht. Eine Woche später am 24. September 2020 wird er in das künstliche Koma versetzt und in das Klinikum Bergmannsheil nach Bochum gebracht. Am 29. September stirbt er nach einer Lungentransplantation. Das sind die bekannten und nicht diskutierbaren Fakten.
Als nach dem Tod Amed Ahmads die Öffentlichkeit von seinem Tod und der rechtswidrigen Freiheitsberaubung erfuhr, versprach der Innenminister Nordrhein Westphalens, Herr Reul, Aufklärung und entschuldigte sich bei den Familienangehörigen von Amed Ahmad.
Fest steht mittlerweile, dass alle Untersuchungen der Staatsanwaltschaften zum Fall beendet worden sind. Keiner der befragten Beamten kann sich daran erinnern, warum sie Amed Ahmad länger seiner Freiheit beraubt haben. Hinweise zur Datenbearbeitung und erkennungsdienstlichen Behandlung sind seitens der Staatsanwälte ignoriert. Fehler seitens der Beamten sind bisher folgenlos geblieben, obwohl diese dazu geführt haben, dass Amed Ahmad in der JVA Kleve seiner Freiheit beraubt wurde.
Es ist festzuhalten, dass die erkennungsdienstliche Behandlung in Krefeld nach einer Nachtfahrt ohne Ticket am 4. Juli 2018, also zwei Tage vor der Verhaftung von Amed Ahmad, auf Grundlage einer faktisch fehlerhaften Begründung durchgeführt wurde.
Ferner steht fest, dass zwischen dem 4. Und 9 Juli 2018, also dem Zeitraum vor und kurz nach der Verhaftung von Amed Ahmad seine Daten mehrmals in den polizeilichen Datenbanken abgefragt und mit denen einer anderen Person unterschiedlichem Namen und offensichtlich unterschiedlichem Aussehen zusammengeführt worden sind. Fest steht nun mittlerweile auch, dass die Einträge und Daten in den polizeilichen ViVA-Datenbanken des Landes NRW offensichtlich manipuliert worden sind.
Die seit seinem Tod öffentlich gewordenen Berichte oder Aussagen hinsichtlich der Festnahme widersprechen oder unterscheiden sich. Die involvierten Beamten geben unterschiedliche Versionen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, in den Untersuchungen, in der Presse wieder. Warum wurde Amed Ahmad festgenommen? Weil die Tochter eines Polizeibeamten ihren Vater gerufen habe oder weil Geldener Polizisten ihn bewusst gesucht und festgenommen haben?
Für uns ist es eindeutig und klar: Amed Ahmad wurde nicht aufgrund von Datenfehler getötet, sondern aufgrund von Fehlverhalten oder absichtliches Fehlverhalten einiger Beamten. Was der Innenminister Reul unternehmen wird, um diese aufzuklären, ist abzuwarten.
Wir sind uns einig und entschlossen: Wir werden die Familie, Freundinnen und Freunde von Amed Ahmad solange wie nötig unterstützen und verhindern, dass wieder einmal die Wahrheit durch Lügen und Vertuschungen in der Öffentlichkeit hingerichtet wird, dass wieder ein Mensch getötet und zu den Akten gelegt wird.
Wir unterstützen die Familie von Amed Ahmad bei ihren Bestrebungen und rufen dazu auf, ihre Pressekundgebung zu besuchen und sie weiterhin zu unterstützen.
Wuppertal, 8. März 2021
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnenBüro Wuppertal
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