Podiumsdiskussionen, Gespräche, Straßenparade, Spoken Word, Musik
Gedenken an die Opfer der Festung Europa, von Polizeibrutalität und institutionellem Rassismus
Als Geflüchtete haben wir miterlebt, wie unsere Freund*innen und Familienmitglieder verhungert, ertrunken und gestorben sind. Einige von uns wurden vergewaltigt, einige wurden auf der Migrationsroute in Sklaverei und Zwangsarbeit verkauft. Sie hatten nie die Chance, ein würdiges Begräbnis zu bekommen selbst im Tod wurde ihnen ihre Menschenwürde verwehrt. In der Öffentlichkeit werden sie nur als bloße Nummern bezeichnet. So wie an den europäischen Grenzen viele Leben verloren gehen, so gehen auch auf dem europäischen Festland unzählige Leben von Schwarzen Menschen und People of Colour durch institutionellen Rassismus und Polizeibrutalität verloren. Mit diesem Festival wollen wir informieren und das Bewusstsein wachrufen für die humanitäre Krise, die sich hier abspielt. Wir wollen den auf dem Weg nach Europa verlorenen afrikanischen Menschen und den Opfern von Polizeibrutalität und institutionellem Rassismus gedenken und ihnen symbolisch einen würdigen Abschied bereiten. Gleichzeitig feiern wir das Leben derjenigen von uns hier, die die Brutalität dieses Systems überleben. Daher wird der Höhepunkt des Festivals neben Vorträgen und Diskussionen eine afrikanisch-kulturelle Straßenparade und Performance sein.
Programm:
Koloniale Grenzen und afrikanische Renaissance am Donnerstag, 15. Juli 2021 um 18 Uhr
Initiativen gegen Polizeibrutalität – für Offenlegung und Rechenschaftspflicht am Donnerstag, 22. Juli 2021 um 18 Uhr
Afrikanische Diktator*innen und FRONTEX: Europäische Gatekeeper und die Migrationsrouten am Donnerstag, 5. August 2021 um 18 Uhr
Kämpfe und Erfahrungen von Frauen und Kindern in der Migration am Freitag, 6. August 2021 um 17 Uhr
Homofeindliche und transfeindliche Haltungen und Diskriminierung in Migrantischen und BIPoC-Gemeinschaften am Freitag, 6. August 2021 um 19:30 Uhr
Afrikanischer Maskenumzug am Samstag, 07. August 2021 um 14 Uhr
Spoken Word-Performance und Musik am Samstag, 07. August 2021 nach der Parade bis 22 Uhr
Organisiert von:
Bremen Solidarity Center (BreSoC) e.V. & The indiginous people of Biafra (IPOB)
In Kooperation mit:
Together we are Bremen (TWAB) & Kulturzentrum Schlachthof e.V.
Die Veranstaltungen werden in Englisch und Deutsch abgehalten und es wird eine Übersetzung in diese beiden Sprachen angeboten. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Spenden sind erwünscht. Es gelten die Regeln des Veranstaltungsortes.
Details zu den Veranstaltungen:
Koloniale Grenzen und afrikanische Renaissance am Donnerstag, 15. Juli 2021 um 18 Uhr
In der Berliner Konferenz 1884/85 legten die europäischen Kolonialist*innen die von ihnen willkürlich gezogenen Grenzen als europäische Kolonialgebiete vertraglich fest. Dabei wurden weder Vertretungen noch die Bevölkerungen der afrikanischen Länder einbezogen. In diesem Prozess wurden zuvor unabhängige afrikanische Nationen, Königreiche und Bevölkerungsgruppen auseinandergerissen oder gezwungen, zusammen zu leben und Teil der europäischen Kartographie von Afrika zu werden. Diese künstlich errichteten Grenzen dienten allein kolonialen, wirtschaftlichen und politischen Interessen und ermöglichten eine grenzenlose Ausbeutung des Kontinents und seiner Bevölkerung. Bis heute bestimmen diese Grenzen zusammen mit dem von den Kolonialistinnen eingeführten System von Teile und Herrsche die politische und wirtschaftliche Situation. Sie sind Ursache unzähliger Bürgerkriege auf dem Kontinent. Inzwischen gibt es jedoch ein wachsendes Bewusstsein der afrikanischen Bevölkerung, diese Probleme zu überwinden, indem sie nach Alternativen zu kolonialen Grenzen und Arrangements suchen. Was sind diese Alternativen und wie passen sie in die afrikanische Renaissance?
Referent*innen: Mbolo Yufanyi, Community Organiser (Africa/Black Community, Berlin)
Mazi Gaius Godspower, Indigenous People of Biafra (IPOB) e.V. Bremen
Moderation: Sunny Omwenyeke (Bremen Empowerment Project)
Veranstaltungsort: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen
Initiativen gegen Polizeibrutalität – für Offenlegung und Rechenschaftspflicht am Donnerstag, 22. Juli 2021 um 18 Uhr
Im Sommer 2020 gab es nach dem brutalen Mord an George Floyd in den USA weltweit eine anhaltende Welle von Protesten gegen Polizeibrutalität. Angeführt von der „Black Lives Matter“-Bewegung fanden diese Proteste auch in vielen deutschen Städten statt und lenkten die Aufmerksamkeit erneut auf das seit Jahren bestehende Problem von Polizeigewalt und extralegalen Tötungen in Deutschland. In den letzten Jahrzehnten sind viele Schwarze Menschen und People of Colour in deutschen Behörden und Institutionen zu Tode gekommen, wenn nicht sogar direkt von der Polizei ohne nachweisbare Gründe erschossen und getötet worden. Exzessive institutionelle Gewalt und Tötungen bleiben jedoch routinemäßig ungestraft, da Staatsanwälte eine parteiische Struktureinheit innerhalb des systemischen Rassismus des Staates sind, der die Rechenschaftspflicht unterdrückt. Die Zusicherung von Straffreiheit seitens der Polizei und anderer Behörden und Institutionen sichert und fördert dabei die Kontinuität rassistischer, polizeilicher und anderer institutionalisierter Gewalt einschließlich ihrer tödlichen Folgen. Im April 2019 wurde Tonou Mbobda im UKE-Krankenhaus Hamburg von unbeaufsichtigten Sicherheitskräften gefesselt und getötet, im August 2019 wurde Aman Alizada von der Polizei in Stade erschossen, im Juni 2020 wurde Mohammed Idrissi in Bremen von der Polizei erschossen und im März dieses Jahres wurde in Delmenhorst der 19-jährige Qosay Khalaf in einem öffentlichen Park festgenommen, geschlagen, mit Pfefferspray ins Koma gesprüht. Er verstarb in der Polizeizelle. Warum müssen Schwarze Menschen und People of Colour immer wieder Opfer von Polizeibrutalität und institutionalisierter Gewalt werden und was muss getan werden, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen?
Referent*innen: Gundula Oerter, Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé, Bremen
Sista Oloruntoyin, Black Community Coalition for Justice and Self-Defence, Hamburg
Statement: Barsan Mehdi, Initiative In Erinnerung an Qosay, Delmenhorst
Moderation: Brother Mwayemudza, Black Community Coalition for Justice and Self-Defence, HH
Veranstaltungsort: Findorffstraße 14a, 28215 Bremen
Afrikanische Diktator*innen und FRONTEX: Europäische Gatekeeper und die Migrationsrouten am Donnerstag, 5. August 2021 um 18 Uhr
Seit den letzten Jahrzehnten hat die Europäische Union ihre Außengrenzen zum Zweck der Migrationskontrolle stetig in das Innere des afrikanischen Kontinents ausgedehnt. Sie hat afrikanische Politiker*innen, einschließlich der Behörden der Länder, die Teil der Migrationsroute nach Europa sind, animiert und gezwungen, im Einklang mit FRONTEX, der Europäischen Grenzschutzagentur, als EU Gatekeeper zu agieren. Folglich finden wöchentlich Massenabschiebungen westafrikanischer Bürger*innen von Algerien nach Niger statt. Die EU finanziert libysche paramilitärische Truppen, die für grobe Menschenrechtsverletzungen in Auffanglagern in Libyen verantwortlich sind, einschließlich Zwangsarbeit und Sklavenmärkten, auf denen die nach Europa migrierenden Schwarzen Afrikaner*innen verkauft wurden. Die Sahara-Wüste ist zu einem riesigen Friedhof geworden, während noch viele weitere Migrant*innen absichtlich dem Ertrinken im Mittelmeer überlassen werden. Die europäischen Länder entziehen sich ihrer Verantwortung, die in Seenot geratenen Menschen zu retten, während Privatpersonen und NGOs, die versuchen, sie zu retten, kriminalisiert und verfolgt werden. Angesichts der historischen Migration aus Europa stellt sich die Frage: Warum ist Migration plötzlich zu einem Verbrechen geworden und welche Rolle spielt Rassismus im europäischen Grenzregime und in der Politik?
Referenten*innen: Siaka Konteh, Together We Are Bremen (TWAB)
Dorette Führer (Alarmephone Sahara/Afrique-Europe-Interact)
Steffen Luedke, Redakteur, Der Spiegel
Moderation: Christian Jakob, Autor und Journalist, Taz Berlin
Veranstaltungsort: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen
Kämpfe und Erfahrungen von Frauen und Kindern in der Migration am Freitag, 6. August 2021 um 17 Uhr
In dieser Podiumsdiskussion werden drei Aktivistinnen vorgestellt, die sich in Bremen kennengelernt haben, als sie beschlossen, sich gegen Massenunterkünfte und Isolation in den Lagern/Camps wie in der Lindenstraße und Alfred-Faust-Straße zu wehren. Sie sind Teil der selbstorganisierten Geflüchtetenbewegung Together We Are Bremen (TWAB). Als Menschen mit Expertise und einer Stimme zu diesem Thema werden die Aktivistinnen über die vielfältigen Perspektiven von Frauen sprechen, die den Mut hatten, den schwierigen Weg über die verschiedenen Grenzen in Afrika und Europa zu gehen und im Lager in Bremen gelandet sind. Sie werden die Gefahr diskutieren, als Opfer dargestellt zu werden und nicht nur über die mentalen, physischen und psychischen Herausforderungen ihrer Erfahrungen sprechen, sondern auch über ihre Entschlossenheit und Widerstandsfähigkeit als wichtige Überlebenswerkzeuge in Bremen. Die Referentinnen werden das damit einhergehende Problem der psychischen Gesundheit von Schwarzen geflüchteten Frauen ansprechen und die Absurdität aufzeigen, dass sie eine Kampagne für die Geburtsurkunde ihrer Kinder führen müssen, obwohl ihre Kinder hier geboren wurden. Sie werden auch über die Notwendigkeit des Rechts auf Wohnung, Bildung und Gesundheitsversorgung sprechen. „Es war eine lange und beschwerliche Reise. Wir sind noch nicht angekommen, obwohl wir an unserem Ziel sind„, sagen die Frauen.
Referentinnen: Gift Terhemen und Vivian Egharevba (TWAB)
Moderatorin: Fatoumata Cham (TWAB)
Veranstaltungsort: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen
Homofeindliche und transfeindliche Haltungen und Diskriminierung in Migrantischen und BIPoC-Gemeinschaften am Freitag, 6. August 2021 um 19:30 Uhr
Homophobie und Transphobie in migrantischen, Schwarzen Communities schafft einen Double Bind (doppelte Probleme) für LGBTQI+ Mitglieder, die sich als BIPOC oder migrantisch identifizieren. Individuen dieser Gruppen erleben rassistische Diskriminierung von der breiteren Gesellschaft und zusätzlich Homophobie und Transphobie innerhalb ihrer BIPoC Gemeinschaften. Was sind die Folgen der Überschneidung mehrerer Formen von Diskriminierung? Wie unterscheidet sich diese Erfahrung von LGBTQI+ Mitgliedern, die sich nicht als BIPOC identifizieren? In diesem Gespräch möchten wir unter anderem einen Blick auf die Geschichte von LGBTQI+ in Minderheitengruppen werfen und die Folgen der Verschränkung von multiplen Formen von Diskriminierung von Minderheitengruppen gegenüber ihren LGBTQI+ Mitgliedern diskutieren; von der psychischen Gesundheit, zu den negativen Auswirkungen von Queer Gauge und einem generellen Mangel an Unterstützung für LGBTQI+ von Nicht-LGBTQI+ Mitgliedern in Communities.
Diskutierende: Pizzar Stanley Pierre und Marohn (Queeraspora)
Moderation: Lex Idehen (Bremen Empowerment Project)
Veranstaltungsort: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen
Afrikanischer Maskenumzug am Samstag, 07. August 2021 um 14 Uhr
Mit dieser Parade wollen wir den auf dem Weg nach Europa verlorenen afrikanischen Leben und den Opfern von Polizeibrutalität und institutionellem Rassismus gedenken. Wir möchten ihnen symbolisch einen würdigen und angemessenen Abschied bereiten mit symbolischem Sarg. Gleichzeitig feiern wir hier das Leben derer, die die Brutalität dieses Systems überleben, indem wir symbolisch die Grenzen durchbrechen. Die Straßenparade und Performance ist der Höhepunkt des Festivals und wird begleitet von traditionellen afrikanischen Masken und Kostümen, Musikinstrumenten und Melodien.
Start und Ziel: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen
Spoken Word-Performance und Musik am Samstag, 07. August 2021 nach der Parade bis 22 Uhr
Spoken word-Performance von Laura und Musik von Djane Selectress Adinkra, DJ Marco
Veranstaltungsort: Die Arena, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, 28215 Bremen.
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