Offener Brief an die Theater Bremen GmbH
Sehr geehrte Damen und Herren,
am Montag, dem 14.2., soll im Foyer des Theaters am Goetheplatz eine Veranstaltung mit dem Titel „Deutschlandfeindlichkeit an Schulen – auch ein Problem in Bremen?“ stattfinden.
Dass eine solche Veranstaltung stattfindet, wundert spätestens seit dem medialen Diskurs um „Deutschenfeindlichkeit“ im letzten Oktober nicht. Dass die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zu einer solchen Veranstaltung lädt, ist auch naheliegend, war es doch die CDU-Ministerin Schröder, die diesen Diskurs wirkungsvoll bedient hat. Wir, die UnterzeichnerInnen, meinen nichtsdestotrotz, dass diese denunziatorische Debatte keine Bühne bekommen sollte, auch nicht die eines Theaters – es sei denn als Satire oder Groteske.
Familienministerin Kristina Schröder und auch die von der KAS eingeladene FAZ-Redakteurin Regina Mönch wittern in der angeblichen „Deutschenfeindlichkeit“ von Neuköllner SchülerInnen gar eine neue Form des Rassismus. Dabei ist sich vor allem Frau Mönch nicht zu schade, im gleichen FAZ-Artikel in der BRD geborene Jugendliche als Türken oder Polen zu ethnisieren.
Ohne Frage: Mobbing-Phänomene sind für die Betroffenen immer erniedrigend. Doch hier wird ein solches Phänomen benutzt, um weiter an dem Bild der undankbaren, integrationsverweigernden Zuwanderer zu stricken. Die sozialen Probleme und Konflikte, die in armen Vierteln wie Neukölln herrschen, werden bei der Kulturkämpferin Mönch zu Ausreden der „Multikulturalisten“. Ähnliches ist in der unsäglichen Debatte um das Machwerk von Thilo Sarrazin geschehen.
Es wäre gut, darüber zu diskutieren, warum es eine so enge Kopplung von Zuwanderung, Armut und Bildungsversagen gibt. Doch den Zugewanderten kulturelle oder gar genetische Defizite zu unterstellen, ist rassistisch und verschleiert die soziale Ausgrenzung und Benachteiligung von MigrantInnen .
Es wäre gut, darüber zu diskutieren, warum sich SchülerInnen mit ethnisierenden Beschimpfungen erniedrigen. Und warum sie sich überhaupt gegenseitig erniedrigen. Doch Angehörige der Mehrheitsgesellschaft zu Opfern rassistischer Unterdrückung zu stilisieren, verharmlost die tatsächlichen rassistischen Verhältnisse.
Reden wir von den über 100 von rassistischen Schlägern Ermordeten seit 1990. Reden wir davon, wie in Deutschland jahrzehntelang den Eingewanderten ihre sozialen und politischen Rechte vorenthalten wurden. Reden wir davon, dass MigrantInnen der Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen, in öffentliche Institutionen und Ämter ebenso wie in Clubs und Fußballvereine systematisch erschwert wird. Vielleicht kommen wir dann zu dem Ergebnis, dass es für viele Menschen nachvollziehbare Gründe gibt, „deutschlandfeindlich“ zu sein.
Das Problem sind weder die Armen noch die MigrantInnen, das Problem ist eine Politik, die Armut und Rassismus produziert. Das Problem ist eine Gesellschaft, die sich auch über Ausgrenzung definiert.
Von einem fortschrittlichen Theater würden wir uns wünschen, sich einer maßgeblich gegen Zugewanderte und Muslime gerichteten Veranstaltung in den eigenen Räumlichkeiten zu verweigern und stattdessen gegen Rassismus klar und differenziert Stellung zu beziehen.
Unterzeichner:
Antifa Komitee Bremen; a gauche; Archiv der sozialen Bewegungen Bremen; Avanti Bremen; Bremer Jugendplenum; DIE LINKE Landesverband Bremen; Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – Bremen; Rhythms of Resistance Bremen und über 50 Einzelpersonen.