Wieder werden wir Zeugen einer kalten bürokratischen Legitimation der Tötungen durch die Polizei:
Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf lehnt
die Beschwerde der Familie von Georgios Zantiotis ab
31. August 2022
Die Familie von Georgios Zantiotis hatte am 10. Januar 2022 Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens gestellt. Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft die Beschwerde abgelehnt und den Bescheid der Staatsanwaltschaft Wuppertal vom Dezember 2021 und somit die Einstellung der Untersuchungen und Ermittlungen im Falle von Georgios Zantiotis bestätigt.
In der Beschwerde hatte der Rechtsanwalt der Familie Zantiotis ausgeführt, dass keine Notwendigkeit bestand Georgios Zantiotis zwangsweise Blut abzunehmen. Bei ihm bestand aufgrund seiner Körpergröße und Alter ein hohes Risiko für den sogenannten Gewahrsamstod. Diese wurde verstärkt durch den Stress der Ingewahrsamnahme. Wäre Georgios an dem Abend mit seiner Schwester weiterhin nach Hause gefahren, wäre er heute noch am Leben.
Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf stellt fest, dass die Polizeibeamten das Recht hätten, Georgios Blut abzunehmen, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Er war Beschuldigter und deswegen sei die Blutabnahme berechtigt gewesen und diente dem Untersuchungszweck für ein späteres rechtliche Verfahren.
Wir halten fest: Georgios Zantiotis ist kein Beschuldigter. Er wird erst durch die Aussagen der Täter zum Beschuldigten. Dieselben Aussagen dienen dann der Staatsanwaltschaft zur Freisprechung der Täter von jedwede Schuld. Bis heute wissen wir nicht, warum Georgios Zantiotis festgenommen worden ist. Die Erzählungen der Polizeibeamten, er hätte eine Beamtin angegriffen, entspricht nicht der öffentlichen Aussagen der Schwester von Georgios. In der ersten Veröffentlichung des Videos der Festnahme, schreit sie laut, lasst ihn los, er ist noch ein Kind. Doch kein Beamter hört zu. Stattdessen wird Georgios auf die Wache genommen. Auf der Wache wird zuerst der Rettungsdienst weggeschickt. Eine halbe Stunde später wird dreimal versucht, Georgios zwangsweise Blut abzunehmen. Wo bestand hier die Notwendigkeit einer Blutabnahme? Welche Gefahr drohte von Georgios Zantiotis in der Zelle?
Ferner kann ohne Einwilligung des Beschuldigten Blut abgenommen werden, wenn keine Gefahr für seine Gesundheit drohe. Die alleinige Anwesenheit eines Arztes ist nicht ausreichend, vor allem dann nicht, wenn mehrere Polizeibeamten versuchen, einen jungen Mann zu Boden zu werfen. Wenn sie ihn fesseln und knebeln.
Die Beschwerdeablehnung der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf beweist einmal mehr die Parteinahme für die möglichen Täter im Falle von Polizeibrutalität oder Gewahrsamstod. Die ganze Argumentation und Begründung basiert auf die Aussagen der Polizeibeamten. Dass Polizeibeamte aus Corpsgeist oder aus rechter Gesinnung die Wahrheit verdrehen, kennen wir aus zahlreichen weiteren Fällen. Der bekannteste ist der brutale Mord an Oury Jalloh. Aus NRW nennen wir nur zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit:
- Bis heute hat die Polizei nicht eine klare Aussage liefern können, warum Amed Ahmad in 2018 festgenommen wurde. Lügen, Vertuschungen und sinnlose Stunden in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zeigten MigrantInnen, ihr seid hier nie sicher.
- In Essen hat die Polizei behauptet, sie hätten in Notwehr auf Adel geschossen. Ein Video der Nachbarn zeigt, dass sie durch eine verschlossene Hauseingangstür auf einen hilfesuchenden Mann schießen. Sieht so die Wahrheitsfindung aus?
Alleine im August sind in NRW wieder zwei Menschen durch Polizeikugeln getötet worden. Jouzef Berditchevski wurde am 3. August 2022 in Köln bei der Zwangsräumung seines Hauses erschossen. Der 16-jährige Mohammed Lamine Dramé ist am 8. August 2022 mit sechs Kugeln in Dortmund erschossen worden. Innenminister Reul verspricht wieder Aufklärung. Seine Aufklärungsquote kennen wir: 0%.
Bisher sind in allen uns bekannten Fällen von Opfern von Polizeibrutalität während seiner vorherigen und jetzigen Amtszeit mehr Fragen aufgekommen als Aufklärung. In allen Fällen wurden am Ende die Familien der Opfer kriminalisiert und fühlten sich beleidigt. Im Falle von Georgios Zantiotis haben die Aussagen der Staatsanwaltschaft Wuppertal sowohl das Andenken Georgios Zantiotis als auch seiner Familie beschmutzt. Seine Aussagen entsprachen zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit, sondern seiner Phantasie. Die einzigen Ausreden, die immer und auch hier wieder zur Einstellung der Verfahren herangezogen werden, sind die die Aussagen der Täterinnen und Täter und ihr Kollegium.
Die Familie Zantiotis hat nun in diese Woche Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens eingelegt. Wir werden sie weiterhin begleiten und solidarisch an ihre Seite stehen.
Araz Ardehali
Wuppertal, 31.8.2022
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
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