PRESSEMITTEILUNG #03 - Berlin, den 04.04.2023 (Press release in english language here)
Eine gemeinsame Pressemitteilung von The VOICE Refugee Forum, der KARAWANE für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen (Berlin) und Peer Exchange of African Communities for Empowerment (PEACE), Deutschland.
DIE ERSTE RASSISMUS-KLAGE DES LADG GEGEN DIE AUSLÄNDERBEHÖRDE BERLIN WURDE VON EINER WEIßEN RICHTERIN (FRAU LEMKE) ABGEWIESEN.
DIE SCHABE KANN IN EINEM GERICHT NICHT UNSCHULDIG SEIN, WO DIE HENNE RICHTER IST (afrikanisches Sprichwort).
Der Fall von Dr. Mbolo Yufanyi M.C., einem afrikanischen Dozenten an der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) Berlin, Aktivist von "The VOICE" und "The Caravan" und Mitbegründer des PEACE, der das Land Berlin wegen rassistischer Misshandlungen in der Ausländerbehörde Berlin verklagt hatte, wurde abgewiesen.
Das LADG wird zu einem Scheingesetz, wenn bei seiner Umsetzung Rassismus reproduziert oder geschaffen wird.
"Die Werkzeuge des Meisters werden niemals das Haus des Meisters abreißen", Audre Lorde.
Wir werden unseren politischen Widerstand fortsetzen, aus dem auch das LADG hervorgegangen ist.
Einmal mehr bestätigt sich die mit Rassismus verbundene "MACHT" nach Stigmatisierung und Vorurteilen, wenn weißen Institutionen und ihren Mitarbeitern, einschließlich Richter*innen, die Autorität gegeben wird, über das Schicksal ihrer Opfer zu entscheiden. Ohne Aufklärung, Schulung und Sensibilisierung über die historischen Ursachen des Rassismus, seine verschiedenen Erscheinungsformen in der deutschen Gesellschaft und seine Auswirkungen auf das körperliche und seelische Wohlbefinden der betroffenen Menschen, kann kein ernsthafter Versuch unternommen werden, den institutionellen Rassismus zu dekonstruieren.
Dies ist ein Grund, weiterhin kein Glauben an das deutsche rassistische Justizsystem zu schencken.
"Obwohl ich der Kläger war, musste ich die Gewalt des systemischen Rassismus vor Gericht erneut erleben. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, das besagt: "Die Kakerlake kann nicht unschuldig sein in einem Gericht, in dem die Henne ein Richter ist". Genau das war die Situation vor Gericht", erklärt Dr. Mbolo Yufanyi.
Rassismus ist eine Ideologie der Überlegenheit!
Dr. Mbolo Yufanyi, Dozent an der ASH, für den Kurs "Rassismus und Migration" im Fachbereich Diversity Studies, verklagte das Land Berlin wegen Rassismus in der Berliner Ausländerbehörde. Er hat im Dezember 2021 eine Klage nach dem Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) eingereicht (siehe https://thecaravan.org/node/4763).
Der Fall wurde am Donnerstag, den 09.02.2023 vor dem Landgericht Berlin, verhandelt (siehe Pressemitteilung). Der Verhandlungssaal war voll mit Unterstützer*innen und Sympathisanten, darunter Mitglieder der African/Black Community (ABC) in Berlin und Mbolo Yufanyis Student*innen von der ASH.
Während der Anhörung wurde deutlich, dass Richterin Lemke ihre Entscheidung, den Rassismus in der Ausländerbehörde nicht anzuerkennen, bereits getroffen hatte. Ohne weitere Zeugenaussagen anzuhören oder Beweise zu prüfen, deutete Lemke an, dass die Rassismusvorwürfe gegen die Mitarbeiterinnen der Ausländerbehörde für sie nicht ausreichten, um das Land Berlin zu verurteilen. Die Richterin begründete ihre Entscheidung, keine Zeugenaussagen zu hören, mit dem Mangel an vorgelegten Beweisen.
Daraufhin stellte Dr. Mbolo Yufanyi das Wissen und die Erfahrung der Richterin und der Anwalt, der das Land Berlin verteidigt hat in Frage und fragte sie, ob jemand von ihnen eine antirassistische Schulung oder Weiterbildung absolviert habe, um ihre Kompetenz zur Verfolgung und Beurteilung solcher Rassismusvorwürfe zu legitimieren. "Es ist, als ob eine Frau sexuell angegriffen wird und von einem männlichen Richter aufgefordert wird, mehr Beweise für den Angriff vorzulegen", sagte Dr. Yufanyi.
In ihrem schriftlichen Urteil stellte die Richterin sich auf die Seite des Landes Berlin und wies die Mikroaggressionen und den offenen Rassismus zurück, während sie die Lügen akzeptierte, mit denen die rassistischen Handlungen der Angestellten des Ausländerbehörde, Frau Thiel und Frau Müller, vertuscht wurden. Diese beiden Frauen waren an der rassistischen Misshandlung von Dr. Mbolo Yufanyi beteiligt. Der rassistische Misshandlung und Verletzung der Rechte von Dr. Mbolo Yufanyi durch die Ausländerbehörde liegt eine Chronologie von mehr als 10 Jahren rassistischer und politischer Verfolgung zugrunde. Dies wurde vor Gericht bewiesen.
Wir werden unseren politischen Widerstand fortsetzen, aus dem auch das LADG hervorgegangen ist.
Wir rufen alle von institutionellem Rassismus Betroffenen, nicht nur in Berlin, auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir gemeinsam unsere Anliegen formulieren und gemeinsam nach Lösungen suchen können.
Wir unterstützen Dr. Mbolo Yufanyi, M.C. in seinem Kampf gegen systemischer Rassismus, der sich in der rassistischen Behandlung in der Berliner Landesamt für Einwanderung (LEA) zeigt.
Für weitere Informationen zu diesem Fall besuchen Sie bitte: http://www.thevoiceforum.org/node/4806
Kontakt:
- THE VOICE Refugee Forum (Berlin) | the_voice_berlin@emdash.org |
Telefon: Mbolo Yufanyi Movuh: +49 170 878 81 24
- CARAVAN für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten|E-Mail: wuppkarawane@yahoo.de |
Telefon: Araz Ardehali: +49 178 853 07 01 | Naledi Lin: +49 176 532 296 61
Statements von Prozessbeobachterinnen:
Juristisch zusammengefasst - RAin Claire Lops
Die Verhandlung lief entsprechend der gesetzlichen Voraussetzungen ab. Entsprechend wurde zunächst in die Güteverhandlung eingetreten. Eine Einigung der Parteien ist jedoch gescheitert, wobei die Beklagte von Vornherein signalisierte, kein Interesse an einer solchen zu haben. Das Gericht ist sodann in die streitige Verhandlung eingetreten, wobei es den Sachverhalt zusammengefasst und eine erste rechtliche Bewertung abgegeben hat. Die Parteien haben zunächst über die sachliche Zuständigkeit des Gerichts getritten- die Klage wurde am LG Berlin verhandelt, die Beklagte war der Ansicht, es hätte am Amtesgericht verhandelt werden müssen. Die Richterin hat die sachliche Zuständigkeit jedoch angenommen und entsprechend den Rechtsstreit selbst verhandelt, anstatt ihn an das örtlich zuständige Amtsgericht zu verweisen.
Der in der Verhandlung entstandene Eindruck war, dass das Gericht keine Diskriminierung gesehen hat. Der Kläger hat vorgetragen, was aus seiner Sicht für eine rassistische Diskriminierung in Form einer Belästigung im Sinne des LADG spricht. Hierbei hat der Kläger unter anderem darauf verwiesen, dass er davon ausgeht, dass eine weiße Person eine bessere Behandlung erfahren hätte. Der Kläger geht davon aus, dass die Behörde ihr Verhalten- das aus Klägersicht behauptete jahrelange Verweigern eines rechtsmittelfähigen Bescheides, das Nichternstnehmen des Klägers und Ignorieren seiner Antworten sowie das Auslachen über den durch den Kläger erbrachten Vorwurf des Rassismus- eine Diskriminierung darstellte. Die Beklagte beharrte darauf, dass "objektiv" keine Diskriminierung erkennbar sei und hielt weiterhin daran fest, dass es richtig und nachvollziehbar gewesen sei, dass die Beklagte den Kläger aufgrund seines Rassismusvorwurfs damals wegen Beleidigung angezeigt habe. Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren in der Vergangenheit bereits zugunsten des Klägers eingestellt. AUf Nachfragen des Klägers, was Seitens der Beklagten unternommen wurde, um zu untersuchen, ob es sich nicht doch um einen rasstischen Vorfall gehandelt haben könnte, erfolgte keine Antwort. Auf eine solche hat das Gericht auch nicht hingewirkt- offensichtlich in der Annahme, dass der Beklagte hierzu aufgrund der Beweislastverteilung nicht substantiiert vortragen müsse.
Ebenso wenig antwortete der Beklagte auf die Nachfragen, welche Kompetenz bestünde, um eine Bewertung der Frage, ob ein rassistisches Verhalten überhaupt vorliegt, vorzunehmen. Auch wurden keine sachlichen Gründe dafür geliefert, dass der Kläger über jahrelang keine Entscheidung bezüglich seiner beantragen Niederlassungserlaubnis erhalten hatte.
Die Klägerseite versuchte, die Frage, wann die Schwelle eines rassitischen Verhaltens erreicht sei, aufzugreifen und argumentiere, dass eine rassitische Diskriminierung nicht erst dann vorläge, wenn eine hohe Schwelle, wie zB die der Gewalt oder Beleidigung erreicht sei. Bezugnehmend auf den Fall des Klägers wurde erklärt, dass auch sogenannte Mikroaggressionen diiskriminieren können. Während das Ergebnis noch aussteht und der Prozessbevollmächtigten des Klägers noch zugestellt werden wird, wird aktuell mit einer ablehnenden Entscheidung gerechnet.
Analyse einer Beobachterin
1. Die stereotype Wiederholung „eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder der einer rassistischen Zuschreibung sei nicht erkennbar“ zeugt nur davon, dass eine weisse Richterin wieder einmal Rassismus nicht versteht. Folgt Mensch der Argumentation der Richterin, dann ist Rassismus nur zu erkennen, wenn die weiße Person ihre Handlungen mit den Worten „dies tue ich, weil sie schwarz sind“ begleitet. Stattdessen wird von Organisationsfehlern, allenfalls mangelnder Empathie und berechtigtem Aufklärungsinteresse geschrieben. Rassismus oder Diskriminierung sei dagegen nicht erkennbar oder die Sichtweise des Klägers „genügt nicht“.
2. Die Ausländerbehörde ist an sich eine rassistische Behörde. Der Zweck ist die Vorenthaltung von Rechten auf Dauer. Die Nicht-Bearbeitung von Anträgen über etliche Jahre ist keinesfalls mit der Arbeit anderer Behörden vergleichbar, wie die Richterin darlegt. In anderen Behörden mag dies auch mal vorkommen, bei den Ausländerbehörden ist dies ein permanenter Zustand. Vor allem bei Anträgen auf eine Niederlassungserlaubnis warten die Menschen oft über Jahre hinweg, bis sie bestenfalls aufgeben. Ermessensspielräume werden regelmäßig nicht genutzt, nur um den Menschen einen besseren Aufenthaltsstatus vorzuenthalten. Der Grund ist der Rassismus, der dieser Behörde zugrunde liegt!
3. Das Auslachen auf die Ankündigung einer Beschwerde ist nicht einfach nur eine "spontane Reaktion“, sondern soll explizit zeigen, du bist lächerlich. Die Klage der Mitarbeiterin auf Beleidigung, weil eine Beschwerde wegen Rassismus eingereicht werden sollte, ist entgegen der Meinung der Richterin sehr wohl als Drohung und Einschüchterung zu sehen. Hier wird klargestellt, dass die Definition von Rassismus nicht bei den Betroffenen liegt, sondern bei den Täter*innen. Dieses Verhalten, diese Sichtweise wird durch die Bewertung der Richterin einmal mehr bekräftigt. Was Rassismus ist, bestimmen Weiße.