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An alle Mitglieder und Sektionen der Linkspartei

Hamburg, 03.01.2006

Betreff: Abschiebeschutz und Freilassung des togoischen Oppositionellen Alassane Moussbaou

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir ersuchen Ihre schnelle und direkte Intervention.
Alassane Moussbaou ist ein bedeutender Aktivist der „Internationalen Kampagne gegen die Diktatur in Togo und anderen Afrikanischen Ländern“. Wir haben mehrere Jahre eng mit ihm zusammengearbeitet.
Alassane Moussbaou befindet sich zurzeit in Abschiebehaft in der JVA Bützow in Mecklenburg-Vorpommern und soll am 10. Januar abgeschoben werden.
Seit Anfang Dezember läuft eine Kampagne für seine Freilassung und für einen Abschiebeschutz (siehe auch http://www.thecaravan.org).

Ihre Partei formuliert in ihrem Programmentwurf aus dem Jahr 2005: „Menschenwürde und Menschenrechte sind unteilbar. Wir verteidigen das individuelle Grundrecht auf Asyl. Wir fordern weiter die Abschaffung von diskriminierenden Sondergesetzen wie es das Asylbewerberleistungs-gesetz und die Residenzpflicht es sind ...“
Gleichzeitig steht die Linkspartei als Koalitionspartner der SPD im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in direkter Verantwortung für Abschiebungen von Diktaturflüchtlingen aus Togo.
Auch wenn sich einzelne Abgeordnete und Parteimitglieder öffentlich gegen die Abschiebungen nach Togo aussprechen, werden dennoch die obengenannten Grundsätze den Interessen an der Regierungsbeteiligung untergeordnet. Selbst im konkreten Fall der Abschiebung eines exponierten Regimegegners verschanzt sich die Linkspartei mit Ausnahme einiger Mitglieder bislang hinter ihrem Koalitionspartner der SPD und folgt dem bekannten Argumentationsmustern von Sachzwängen, Rechtslagen, mangelndem Handlungsspielraum usw.
Wie kann eine Partei, die für sich in Anspruch nimmt, Lehren aus der deutschen Geschichte gezogen zu haben, insbesondere wenn es um das Leben von Menschen geht, sich auf solche Argumentationen zurückziehen?

Niemand bestreitet, dass in Togo ein diktatorisches Regime herrscht und dass unter der neuen, alten RPT-Führung der Kurs der Unterdrückung und Verfolgung sich im vergangenen Jahr verschärft hat und eine Änderung der Lage nicht in Sicht ist. Trotzdem opponiert kaum jemand gegen die Verfolgung und die Abschiebung von Diktaturflüchtlingen. Im Gegenteil, auf der Ebene von Mecklenburg-Vorpommern ist die Linkspartei als Regierungspartei Mitträger der Asylrechtsverletzungen.
Mit der geplanten Abschiebung von Herrn Alassane Moussbaou unterstreicht die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern ihren Willen, den Vorgaben der Bundesregierung uneingeschränkt Folge zu leisten, unabhängig von der politischen Situation im Herkunftsland und von den individuellen Verfolgungshintergründen, Abschiebungen massenhaft durchzuführen.
Nach mindestens fünf Abschiebungen nach Togo im letzten Quartal 2005 soll am 10. Januar 2006 nun zunächst der bekannte Regimegegner Alassane Moussbaou und danach mehrere hundert Togoer und Togoerinnen in diesem Jahr aus Mecklenburg-Vorpommern abgeschoben werden.

Die schweigende Akzeptanz von Abschiebungen und die Gewöhnung an die Erniedrigung und Misshandlungen von Menschen ohne deutschen Pass ist gefährlich weit voran geschritten und hat längst weite Teile der sich progressiv, demokratisch und linksorientiert nennenden Kreise erfasst.
Welche Glaubwürdigkeit bezüglich der Grundsatzpositionen der Linkspartei offenbart sich in der Praxis der Abschiebungen nach Togo aus Mecklenburg-Vorpommern?

Wir rufen alle Mitglieder der Linkspartei, für die die Menschenrechte nicht nur leere Worte und wahlkampftaktischer Moment sind auf, sich umgehend für die Freilassung und für den Abschiebeschutz von Herrn Alassane Moussbaou einzusetzen. Stellen Sie mittels Eingaben und Protestbriefen diese Forderungen an das Verwaltungsgericht und an das Innenministerium in Schwerin. Lassen Sie nicht ihre Parteifreunde und –freundinnen in Mecklenburg-Vorpommern aus der Verantwortung. Stärken Sie diejenigen, die den Grundsätzen des genannten Programmentwurfs folgen. Lassen Sie nicht zu, dass diese Grundsätze beliebig benutzt oder verworfen werden wie es gerade opportun erscheint.

„... Die Verletzung des Asyl- und Einwanderungsrechts so wie das System und die Praxis der Deportationen, die von den europäischen Ländern durchgeführt werden, stehen den Regeln der Demokratie entgegen. Dieses System ist gleichzeitig Unterstützung und Ermutigung für die Diktatoren Afrikas und des Rests der Welt. Wir sind hier im Namen des Artikels 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der besagt: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person ...“
(aus der Rede der togoischen Exilopposition anlässlich des „Internationalen Tag der Menschenrechte“, gehalten am 10.12.2005 in Hamburg)

Mit freundlichen Grüßen

Sprecher der "Internationale Kampagne gegen die Diktatur in Togo und anderen Afrikanischen Ländern"
Abdul Gafar Tchedre Djibril

für die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen - Hamburg
Ralf Santana Lourenco

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