KARAWANE Festival 2010 in Jena
Vereint gegen koloniales Unrecht und in Erinnerung an die Toten der Festung Europa
Ankündigung der Außerkraftsetzung der Residenzpflicht
Aufruf zu größter Aufmerksamkeit und Solidarität
Die KARAWANE-Für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen und THE VOICE Refugee Forum laden zum KARAWANE-Festival 2010 nach Jena ein und rufen dazu auf, jegliche Verletzung des Grundrechts auf Bewegungsfreiheit zu dokumentieren, zu veröffentlichen und eventuell zu intervenieren.
Die Wahrnehmung unserer Grundrechte wird vom Staat sanktioniert. Mit der sogenannten Residenzpflicht werden per Gesetz die Grundrechte auf Bewegungsfreiheit und Meinungsfreiheit verletzt.
Die Zuweisung der Menschen zu geographischen Orten, Verwaltungsgebieten, Landkreisen wurde von den Kolonisatoren in den Kolonien für die kolonisierten Menschen festgelegt und mit Macht durchgesetzt.
In den vielfältigen Sondergesetzen, mit denen Flüchtlinge in der BRD zu sicherheits- und ordnungspolitischen Verwaltungsakten gemacht wurden, spielt die sogenannte Residenzpflicht eine besondere Rolle. Sie besagt, dass sich die Flüchtlinge nur in dem Landkreis, in dem sich ihre zuständige Ausländerbehörde befindet, aufhalten dürfen. Deshalb wird diese auch als deutsches Apartheidsgesetz bezeichnet. Zum Verlassen des zugewiesenen Landkreises muss eine Reiseerlaubnis von der Ausländerbehörde beantragt werden, auch wenn es sich nur um 5 Meter handelt. Für die Erteilung der Reiseerlaubnis gibt es keine nachvollziehbaren Regeln, deshalb ist den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der sogenannten Ausländerbehörden, die in der Regel im Ordnungsamt integriert sind, jede Form von Willkür möglich. Durch die Verweigerung der Reiseerlaubnis, wird auch unser Festival behindert. Vielen Flüchtlingen wurde der Urlaubsschein verweigert, wodurch diese ihren Landkreis nicht verlassen durften.
Die Residenzpflicht geht zurück auf die nationalsozialistische Polizeiverordnung von 1938 (gültig bis 1965!) und wurde 1982 im Asylverfahrensgesetz erneut festgeschrieben. Dabei wurde gleich das Höchststrafmaß aus der Nazi-Zeit mit übernommen: ein Jahr Gefängnis.
Wir akzeptieren die Verletzung unserer Rechte nicht und werden uns den rassistischen Gesetzen nicht beugen. Wir führen den Kampf bis zum Ende.
Unsere Aktionen, unsere Versammlungen und unsere kulturellen Zusammenkünfte sind deshalb immer auch ein Akt des Widerstands gegen die Residenzpflicht. Insbesondere rufen wir für die Zeit vor, während und nach dem KARAWANE-Festival 2010 in Jena „Vereint gegen koloniales Unrecht“ vom 4. bis 6. Juni zur verstärkten Aufmerksamkeit und zur sofortigen Unterstützung und falls nötig zur sofortigen Intervention auf.
Es gibt nur eine Lösung - die vollständige Abschaffung der Beschneidung der Bewegungsfreiheit.
Wir rufen alle Menschen und alle Zivilorganisationen auf sich zusammen mit uns dafür einzusetzen.
Die Residenzpflicht ist einmalig in Europa. Während zahlreiche Praktiken, vor allem das System der Deportationen und der Lager, von Deutschland auf ganz Europa und auf angrenzende Staaten ausgeweitet wurde, existiert die Residenzpflicht nur in dem Kernland des staatlichen europäischen Rassismus. Eisern hält der Staat an seinen Apartheidsgesetzen fest. Der Widerstand dagegen hört niemals auf.
Bewegungsfreiheit ist eines jeden Menschen Recht!
Jena, Mitteleuropa, 3. Juni 2010
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
und The VOICE Refugee Forum